Asante Sana.
Vielen Lieben Dank auf Kisuaheli.
Nachdem 3 Wochen im Kongo sehr viel Kraft und Nerven gelassen haben,
können wir Euch die schöne Nachricht übermitteln, dass sowohl der Elo als auch die
Nähmaschinen mit Nähzubehör, Schulmaterialien, Werkzeuge und Musikinstrumente ihre
Ziele im Kongo bei den einfachen Menschen erreicht haben und bereits genutzt werden.
Dies war nur durch die Hilfe von Euch allen möglich und dafür möchten wir uns hiermit ganz
herzlich bedanken – vor allem ein ganz großes Dankeschön an Steffen, Heiko und die Teams unserer Partner von I.S.T.D. Kalehe und PEPA vor Ort. Ohne diese Zusammenarbeit hätten wir das Projekt nicht umsetzen können. Es waren täglich neue Hindernisse zu überwinden, aber das hat uns so eng zusammen geschweißt, dass hierdurch eine neue Partnerschaft zwischen den Regionen Süd-Kivu, Nord-Kivu und Deutschland mit gemeinsamen Projekten entstanden ist.
Nachfolgend eine kurze Zusammenfassung von dem wohl größten Abenteuer des kleinen
grünen LKW ́s aus der ehemaligen DDR:
Nach unserem Besuch im Sommer 2021 haben wir über die Freunde im Kongo Appolinaire
kennengelernt, er kommt ursprünglich von einer kleinen Insel im Kivu-See bei Kalehe und
hat nach der Schule über Stipendien u. a. ein Jura-Studium absolviert und außerdem eine
kleine lokale Hilfsorganisation (Nichtregierungsorganisation – NGO) namens PEPA
gegründet, die auch ein Büro in Goma/Nord-Kivu hat. Seit ein paar Jahren lebt Appolinaire
mit seiner Frau aus Deutschland in Bayern und versucht von dort aus weiter in seinem Land
zu helfen. Er hat uns wiederum den Kontakt zu Mr. Kanz vermittelt, er ist ursprünglich aus
Beni in Nord-Kivu, lebt in Brüssel und besitzt dort ein kleines Unternehmen, welches
Gütertransporte nach Ostafrika organisiert. Beide waren von unserer Idee mit dem Elo-
Transport begeistert und haben sich sehr dafür engagiert, den Transport zu ermöglichen.
Mitte November letzten Jahres ist der Elo dann in einem 40-Fuß-Container per Schiff nach
Dar es Salaam gereist und wurde dann weiter auf dem Landweg bis nach Goma an der Grenze zu Ruanda transportiert.
Als schließlich vor knapp 3 Wochen von der Transportfirma die Nachricht kam, dass der Elo
und die anderen Spendenmaterialien aus dem Zoll freigegeben werden können, sind wir
motiviert und erwartungsvoll nach Goma geflogen.
Da es bei den bisherigen Transport per Luftfracht keine größeren Schwierigkeiten gab, sind
wir etwas blauäugig gewesen und haben Appolinaire nicht gefragt, ob es denn bei seinen
Großtransporten (u. a. auch Fahrzeuge) Probleme bzw. größere Verzögerungen gab…Diese Erfahrung haben wir nun „life und in Farbe“ gemacht, was v. a. die zeitlichen
Verzögerungen betrifft und natürlich den Kostenfaktor.
Um die Ware aus dem Zoll zu bekommen, muss eine „zertifizierte“ Agentur vor Ort in Goma
beauftragt werden. Diese soll die angeblich notwendigen administrativen Angelegenheiten
und Genehmigungen erledigen oder halt im eigenen sowie Interesse Dritter auch nicht bzw.
verzögert erledigen, da es im Kongo mehr Korruption als Regeln gibt. Kurz gesagt, der Zoll
und die dazugehörige Agentur, die die Abwicklungen vollziehen, versuchen immer noch mehr Geld zu machen, halten einen hin und verlangen utopisch viel Geld. Weiterhin kommt noch dazu, dass sich die bürgerkriegsartige Situation in Nord-Kivu wieder verschlechtert hat und durch die vorherrschende Anarchie jeder sieht, wie er irgendwie über die Runden kommt. Somit ist der Alltag von Willkür und Schikanen geprägt, die auch mit Gewalt durchgesetzt werden, z. B. in Form von unbegründeten Straßensperren oder unendlich vielen Formularen und Unterschriften, mit denen jedem das Geld aus der Tasche gezogen wird. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass Nord-Kivu derzeit unter einer Militärverwaltung steht. Das für den Zoll ein paar Reservetage eingerechnet werden müssen, war uns klar, daher haben wir uns in den ersten Tagen die Projekte von PEPA angeschaut.
Das Engagement und der Mut des PEPA-Teams – alle sind ehrenamtlich tätig – haben uns
sehr beeindruckt und die Besuche berührt. PEPA setzt sich durch die Unterstützung von
lokalen kommunalen Initiativen bzw. Verbänden insbesondere für Kinder, misshandelte
Frauen und ältere Menschen ein, die am meisten unter den Verhältnissen im Ostkongo leiden. So wird z. B. die Gründung von Nähwerkstätten und Handarbeits-Workshops gefördert. Außerdem werden die vertriebenen, obdachlosen Kinder und Waisenkinder aus den Kriegsgebieten aufgenommen und betreut. Eine dieser „Einrichtungen“ haben wir besucht – es handelt sich um eine notdüftig ausgestattete Hütte – in der auf engstem Raum, die stark unterernährten Kinder untergebracht sind und die Helfer versuchen, für jedes Kind einen Becher Brei am Tag bereitstellen zu können, damit sie wieder etwas zu Kräften kommen. So hart das klingen mag, der Raum wirkte auf uns wie eine Aufzuchtstation. Eigentlich ist unsere oberste Divise vor Ort mit Hilfe zur Selbsthilfe zu unterstützen, durch den Transport mittels Container hatten wir jedoch dieses Mal zusätzlich zu den Stoffen für die Nähwerkstätten auch ausnahmsweise einen großen Karton mit Kleidung für Babys und Kleinkinder mitgeschickt. Diese Kleidung haben wir PEPA für das Projekt übergeben, um einen ersten kleinen Beitrag zur Verbesserung der Ausstattung beizutragen.
Von PEPA werden ebenfalls in mehreren Kommunen Projekte zur Unterstützung und
Integration von älteren Menschen betreut. Auch hier gilt der Grundsatz Hilfe zur Selbsthilfe,
z. B. zur Schaffung einer eigenständigen Grundversorgung durch Tierzucht und Ackerbau.
Hier können die älteren Menschen v. a. ihre Kenntnisse einbringen und in der Kommune
körperlich weniger anstrengende Arbeiten erledigen. Um den Erfolg, insbesondere bei der
Tierzucht wiederum zu verbessern, soll im Rahmen der zukünftigen Zusammenarbeit eine
Unterstützung durch das I.S.T.D. Kalehe erfolgen, da hier u. a. Veterinärwesen und
Landwirtschaft unterrichtet werden. PEPA hat weiterhin über einen Projektpartner größere Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung zur Verfügung gestellt bekommen. Dies ist nur
ein Beispiel bei dem die beiden Partner vor Ort in der Zukunft zusammenarbeiten können.
Doch nun zurück zur unendlichen Geschichte der Zollabwicklung:
Nachdem wir 3 Tage vertröstet wurden, sind wir mit unseren Freunden von PEPA und
I.S.T.D. gemeinsam in die Offensive gegangen und haben persönlich die Abwickler der
Zollagentur von einer Unterschrift zu nächsten begleitet und massiven Druck ausgeübt. Dabei mussten wir auch kleine Verfolgungsjagden machen und das Auto der Agentur besetzen, damit uns der Abwickler nicht wieder entwischt. Da ist schon etwas Wildwest-Feeling aufgekommen. Außerdem haben wir Tag für Tag die Inspektoren von der Zollbehörde und die Gouverneure durch ständige Anrufe und „Besuche“ genervt. Als wir allerdings nach einer Woche immer noch nicht an die Ware gekommen sind, haben wir uns entschlossen, erst einmal mit Vertretern von PEPA für 3 Tage nach Kalehe zum I.S.T.D. zu fahren, um die Partnerschaft aufzubauen. In dieser Zeit haben in Goma die beiden Speziallisten John vom I.S.T.D. und Elie von PEPA weiter Druck auf die Zollabwicklung ausgeübt.
Die Stecke von Goma nach Kalehe ist zwar nur 130 km, führt allerdings durch die Berge und
befindet sich in einem sehr schlechten Zustand, vor allem in der jetzigen Regenzeit. Von einer Straße in unserem Verständnis kann nicht die Rede sein. Zudem gibt es auf der Strecke einige polizeiliche und militärische sowie diverse selbsternannte Kontrollposten an denen oft lange verhandelt und letztendlich meist bezahlt werden muss. Auf der Hinfahrt sind wir ganz gut durchgekommen, trotz dass wir einen Stoßdämpfer verloren haben und einen Reifen wechseln mussten. Nach ca. 8 h Fahrt haben wir am späten Abend Kalehe erreicht. Bertin, der Direktor vom I.S.T.D. und Philippe, der Koordinator von PEPA haben die lange Fahrt ausgiebig genutzt und ununterbrochen geplaudert, dies war wahrscheinlich der Anfang einer besonderen Partnerschaft und Freundschaft! Der Samstag in
Kalehe wurde zur Vorstellung des Instituts und zum Austausch über gemeinsame
Projektideen genutzt, z. B. zur Kaninchenzucht am I.S.T.D., die zukünftig auch in die
Projekte von PEPA integriert werden soll. Am Nachmittag haben wir noch die Kommune im Dorf Bushushu besucht und die gespendeten Werkzeuge für die Tischlerwerkstatt übergeben, u. a. Bohrer mit Brustleiher und Hobel (diese hatten wir mit dem Flugzeug mitgenommen). In Bushushu haben wir weiterhin noch die Krankenstation, genannt „Health Care Center“, besichtigt, diese ermöglichen eine einfache Behandlung, da es nur wenige Krankenhäuser gibt (auch hier ist natürlich kein Vergleich mit einem Krankenhaus bei uns möglich!). In den Health Care Center arbeiten meist nur zwei Schwestern, ein Doktor kommt nur max. einmal pro Woche vorbei. Ein Patient wird nur gegen Bezahlung behandelt (bis auf wenige Ausnahme bei Notfällen). Die Ausstattung ist auch sehr veraltet und dürftig, viele Materialien wie z. B. Spritzen werden mehrmalig verwendet. Am Samstagabend – 10 Tage nach unserer Ankunft – erreicht uns die frohe Nachricht, dass der Elo aus dem Zoll ist. Alle sind glücklich und erleichtert.Nach dem afrikanischen Gottesdienst am Sonntag mit Tanzeinlage begeben wir uns auf die Rückfahrt nach Goma. Nach halber Strecke hängt ein LKW am Berg fest, an dem wir nicht vorbei kommen. Die LKW-Besatzung will uns natürlich nur gegen Bezahlung vorbei lassen. Da haben wir einfach die stumpfe Hacke und Schaufel genommen, eine Rampe gebaut und vom LKW-Fahrer die geforderten 10 Dollar verlangt .
Am Nachmittag gab es im Starkregen einen Motorradunfall bei dem sich 2 Personen verletzt
hatten und stark unterkühlt im Schlamm saßen. Wir haben selbstverständlich Hilfe angeboten, aber nur einer der Beiden wollte mit zur nächsten Krankenstation fahren, der andere das Motorrad nicht allein lassen. Endlich am Stadtrand von Goma angekommen, geraten wir leider noch an einen Militärposten mit stark betrunkenen Soldaten, die unkontrolliert mit der Knarre rumfuchteln. In diesem Fall hilft nur bezahlen und möglichst Diskussionen vermeiden. Das Militär gehört zu der von der UN unterstützten MONUSCO-Einheit. Am Montag können Heiko, Steffen, Jörg und Chito der zukünftige Mechaniker und Fahrer des Elo am I.S.T.D. endlich mit der Montage des Elo beginnen und schaffen dies sogar innerhalb eines Tages. Am Abend ertönt ein wohltuendes Geräusch – der Motor läuft! Am nächsten Tag werden von unseren Chefmechanikern noch diverse Einstellungen am Elo vorgenommen, und die Überführung nach Kalehe vorbereitet. Tine besichtigt zusammen mit Bertin und Bora vom I.S.T.D. sowie Philippe und Martin von PEPA noch einige Projekte von PEPA, um so Ideen und Ansätze für die zukünftige Zusammenarbeit zu entwickeln, z.B. die Durchführung eines sozial geprägten Mikrokredit-Prinzips in den Kommunen, welches meist von den Frauen geleitet wird. Jörg versucht in der Zwischenzeit weiter mit John noch die anderen Hilfsgüter aus dem Zoll zu bekommen, dies gelingt nach einigen Diskussionen zu den zusätzlichen Kosten am Dienstag Nachmittag. Die Hilfsgüter werden dann noch gemeinsam zwischen PEPA und I.S.T.D. aufgeteilt. Als am Dienstag Abend der Elo seine erste Fahrt zum Büro von PEPA macht, verkündet Chito der neue Fahrer, dass er keinen Führerschein hat! Dies ist natürlich eine „gute“ Ausgangslage bei den vielen Straßensperren auf der Strecke nach Kalehe. Wir entschließen uns deshalb, in der Dämmerung über Schleichwege aus der Stadt zu kommen und die ersten Fahrstunden zu absolvieren. Ab und zu versuchte uns mal ein unbewaffneter Polizist anzuhalten, doch da zählt wieder das Gesetz des stärkeren – Chito ist einfach weiter gefahren.
Am Mittwoch früh wird der Elo bei PEPA beladen und wir begeben uns zusammen mit einem
Jeep als Begleitfahrzeug endlich auf die Reise nach Kalehe. Leider werden wir an den
Checkpoints lange aufgehalten und müssen auch Wegezoll bezahlen. Nach den Checkpoints beginnt der Elo „rumzuzicken“ und springt nicht mehr an. Heiko und Chito müssen viel reparieren, doch das ist gut so, da Chito dadurch sein „Baby“ besser kennenlernt. Unabhängig davon ist er ein sehr guter, begeisterter Mechaniker, der viele gute Ideen hat. Dadurch dass es hier nicht viele Ersatzteile gibt, wird viel improvisiert mit dem was da ist, auch wenn das manchmal sehr verrückte Lösungen sind. Wichtig ist für uns zu sehen, hier wird nicht aufgegeben und meist sogar noch gelacht. Ab dem späten Nachmittag läuft der Elo und klettert wie ein Meister die Berge hoch und runter, dabei schlängelt er sich auch ohne Probleme durch jedes Schlammloch. Jörg sagte. „Es war die geilste Elofahrt, die ich jemals gemacht habe, es war wie 10h Trail fahren“. Und die Kongolesen haben über den Muzungu am Steuer gestaunt. Leider kommen wir dann in die Dunkelheit und die Beleuchtung vom Elo ist nicht grad die beste. Doch dann hat Chito die geniale Idee die Lupinestirnlampe zum Ausleuchten zu verwenden, indem er sich einfach während der Fahrt aufs Dach setzt. Um 1 Uhr nachts kommen wir nach 16 Stunden in Kalehe erleichtert an. Am Donnerstag wird dann noch Einiges am Elo optimiert und eine kleine Checkliste von
Ersatzteilen erstellt, die wir mit der nächsten Sendung schicken. Am Nachmittag gibt es noch ein paar Fahrstunden und am Freitag Morgen hat der Elo schon seinen ersten bezahlten Warentransport vom Hafen in die Stadt. So kann das I.S.T.D. neben dem Materialtransport für das neue Schulgebäude, eigene Einnahmen generieren. Freitag fahren wir mit dem Jeep zurück nach Goma und besuchen noch ein paar Schulen, in denen wir Schulmaterial und Bälle abgeben. Es ist faszinierend, wieviel Hoffnung die Menschen trotz der Armut haben, nur dadurch, dass wir sie besuchen und wir zusammen versuchen etwas zu helfen. Der Elo liegt nun in den Händen vom I.S.T.D. Kalehe. Egal wie seine Zukunft aussieht, durch ihn hat sich eine neue Partnerschaft zwischen ISTD in Süd-Kivu und PEPA in Nord-Kivu gebildet, die in Zukunft viel bewirken kann. Es ist so ein schönes Land mit lieben Menschen, die leider schon ab der Geburt viel Elend und Gewalt erleben müssen. Hier ist auch zukünftig tatkräftige Unterstützung und Hilfe zur Selbsthilfe wichtig!Vielen, vielen Dank an dieser Stelle noch einmal für eure bisherige Hilfe und Unterstützung,
auch im Namen von I.S.T.D. und PEPA!